Das Anne-Frank-Haus in Amsterdam
Das Schicksal von Anne Frank, ihrer Familie und ihrer Freunde sollte uns allen bekannt sein. Ich habe 2014 das Anne-Frank-Haus an der Prinsengracht 263 in Amsterdam erstmals besucht. Ich kann mich noch recht gut an die riesige Besucherschlange erinnern, die sich schon am Morgen über viele Straßen erstreckte. Selbst als wir am Abend nach 21 Uhr uns wieder anstellten, war der Andrang noch spürbar. Ob man dann vor Kassenschluss noch reingelassen wird, ist dann ein wenig wie ein Glücksspiel. Aber wir kamen rein. Glück gehabt. Das Haus erzählt neben der Geschichte der Bewohner auch das Schicksal der niederländischen Juden während der deutschen Besatzungszeit. Deportation, Konzentrationslager, Tod.
In dem Museumsshop habe ich abschließend ein Kartonmodell im Maßstab 1:60 gefunden, das in einfacher Weise die Örtlichkeiten an der Prinsengracht 263 wiedergibt. Es handelt sich dabei um ein einfaches Schnappsystem für Kinder ab 10 Jahren. Rund 60Teile, die aus dem Kartonbogen herausgebrochen und dann zusammengesteckt werden. An manchen Stellen hat ein Tropfen Kleber die Stabilität und die Positionierung der Teile verbessert. Das beiliegende Heft erklärt nicht nur, wie man die Teile zusammensteckt, sondern erläutert auch die Hintergrundgeschichte und die verschiedenen Räume, die man da gerade zusammengesteckt hat. Eine Inneneinrichtung (diverse Möbel, Kisten oder Regale im Lager zum Beispiel) ist nicht wirklich vorhanden. Aber das tut dem Modell keinen Abbruch. Wer das Buch liest oder gelesen hat, kann sich die Räumlichkeiten mit diesem Modell sehr gut vorstellen. Und das hat mich überzeugt.
Text und Fotos: Oliver Stelmaszyk
Die Basilius-Kathedrale in Moskau
Im Jahre 1552 eroberte der Zar Ivan IV (der Schreckliche) die Stadt Kazan von den Tartaren. Damit ging eine langwierige Tartarische Herrschaft über Russland zu Ende. Zur Erinnerung an dieses Ereignis entschloss sich Ivan, eine großartige Kathedrale bauen zu lassen. Zwei russische Baumeister, Barma und Postnik, bauten ab 1555 bis 1560 diese ungewöhnliche Kirche, die noch immer den Roten Platz in Moskau dominiert. Der Auftrag Ivans war, acht einzelne Kapellen in die Kirche einzubauen, die die acht Schlachten zur Wiedereroberung Kazans darstellen sollten.
Aber die Baumeister entschlossen sich, im Zusammenhang mit der Stabilität des Gebäudes, statt acht, neun zu bauen: Acht symmetrisch gruppiert um die neunte (und zentral gelegene) Kapelle. Die einzelnen Kapellen, die wechselnde Höhen haben, vier hohe und vier niedrige, wurden miteinander durch eine Galerie verbunden. Obwohl die Kathedrale auf den ersten Blick in einer undifferenzierten Mischung von Farben und Formen erscheint, sieht sie bei weiterer Betrachtung als vollständig symmetrisches Gebäude aus. Weiterhin sind die runden Bogen auffallend, die man ab den Arkaden in der Grundlinie der Kirche bis an die höher gelegenen, dynamisch aussehenden Fassaden sehen kann.
Die zentrale Kapelle hat einen typisch russischen achteckigen pyramidalen Turm mit der zwiebelförmigen Kuppel an der Spitze. Die außerordentliche Vielfalt in Farben und Ornamenten der Kuppel erinnert an die Entwürfe und Farben der tartarischen Teppiche und Objekte. Es ist eine der wenigen Beispiele der tartarischen Einflüsse auf die russische Kunst.
Ursprünglich war der Name der Kathedrale "Pokrova", Ehrentag der Marienverehrung, an welchem Tag Kazan erobert wurde. Aber die Kathedrale ist durchaus bekannt unter dem Namen "Vasilij Blazjennij" (Basilius der Glückselige), ein so genannter "Heiliger", der mit seinen Prophezeiungen viel Einfluss auf den jungen Ivan hatte. Er starb im Jahre 1547; später wurde er in der Kathedrale beigesetzt. Im Jahre 1588 wurde im Auftrag von Zar Fyodor Ivanowitsj eine kleine Kapelle über seinem Grab errichtet, die zehnte und kleinste Kuppel der Kathedrale. Zu diesem Zeitpunkt bekam die Kathedrale auch ihren heutigen Namen.
Dieses Modell der Basilius-Kathedrale wird von Leon Schuijt im Maßstab 1:160 angeboten. Das Modell umfasst ca. 230 Teile auf 8 A3-Bögen und war eines meiner ersten Kartonmodelle. Man startet mit dem Zusammenbau der zentralen Kapelle. Dann folgen nach außen hin die übrigen, kleineren Kapellen. Da alle Teile sprich Kapellen der Kathedrale miteinander zusammenhängen, ist klar, dass jede Ungenauigkeit beim Zusammenbau sich auf die nächste Baustufe(n) überträgt. So war es auch nicht verwunderlich, dass schon nach kurzer Zeit die Kathedrale dem Schiefen Turm von Pisa glich. Also ab in die Tonne damit. Der zweite Anlauf war zumindest dahingehend erfolgreicher, dass das Modell einen gerade Eindruck machte. Ich hatte den Unterbau in der Mitte der Kathedrale entsprechend mit dickem Karton verstärkt, um mehr Stabilität zu erreichen, wenn nach oben und zur Seite immer mehr Komponenten angefügt werden.
Das nächste größere Problem war der Zusammenbau der zwiebelförmigen Kuppeln. Passgenauer Zusammenbau und auch noch die typische Form einzuhalten ohne Dellen reinzumachen, das war verdammt schwer. Zum Üben hatte ich ja noch die Teile aus dem ersten Versuch. Die Kreuze auf der Spitze wurden vorsichtig mit etwas Sekundenkleber verstärkt. Das Endergebnis war alles in allem doch recht gut für meine Verhältnisse. Kniffelig wurde es dann noch einmal bei den diversen Dächern der verschiedenen Kapellen. Trotz aller Vorsorge gab es einige Spalte, die ich dann mit Kleber, Wachs und entsprechender Farbe vorsichtig kaschiert musste. Mit "Gewalt" eine Kapelle an die zentrale Kapelle dranzukleben, kann im schlimmsten Fall nur dazu führen, dass sich das (ganze) Modell verzieht. Das war dann eher das größere Übel. So meine Einschätzung.
Das war ein umfangreiches und für Anfänger nicht unbedingt geeignetes Modell. Aber der Bau vermittelte doch ein sehr schönes Gefühl für die Komplexität dieses Gebäude und die Ideen ihrer Schöpfer. Eine gewisse Ehrfurcht war zu spüren, nachdem diese Projekt abgeschlossen war. Und das war schon aller Mühen wert.
Text und Fotos: Oliver Stelmaszyk
Burg Pfalzgrafenstein
Im Jahre 1327 begang der Bau der Pfalzgrafenstein mitten im Rhein auf einem Felsen. Der sechsgeschossige, fünfeckige Einzelturm hatte die Aufgabe eine bessere Eintreibung der Rheinzölle zu gewährleiten. Da Ludwig der Bayer, zu dessen Königreich Kaub gehörte, Zoll erhob, folgten Proteste des Papstes und des Erzbischofs, da sie selbst an den Zolleinnahmen interessiert waren. Daraufhin wurde die Zollburg um eine zwölf Meter hohe sechseckige Ringmauer erweitert. Im Jahre 1339 wurde erstmals der Name Pfalzgrafenstein erwähnt, dessen Endung "Stein" gleich "Fels" hieß. Die Burg wurde, trotz vieler Jahre Krieg und wechselnden Besetzungen der Stadt Kaub, nicht zerstört oder beschädigt. In der Neujahrsnacht 1813/14 setzte an dieser Stelle Fürst Blücher mit fast 90.000 Soldaten über den Rhein.
Im Jahre 1803 wurde die Burg Besitz des Herzogtums Nassau, gelangte aber im Jahre 1866 in den Besitz des Königstums Preußens. Dieser hob den Zollbetrieb im Jahre 1876 auf und führte damit das Ende der Zolleinnahmen bei.
Bis in die 60er Jahre wurde der Pfalzgrafenstein als Signalstation der Rheinschifffahrt genutzt und Ende 60er, Anfang 70er Jahre komplett neu renoviert und instandgesetzt.
Der Kartonbausatz von Schreiber in 1/250 wurde im wesentlichen unverändert gebaut. An einigen Stellen wurden jedoch Details ergänzt wie zum Beispiel die Treppe zum Haupteingang, die gänzlich fehlte. Die Nachbildung der Rheininsel soll dem Modell etwas von dem fantastischen Ambiente des Pfalzgrafenstein geben. Man kann auch sehr viel mehr Zeit in das Modell investieren und gerade die Wehrgänge und Arkaden fein herausarbeiten, wie das ein anderer Modellbauer im Internet gezeigt hat. Das war schon eine Klasse für sich. Aber ganz so schlecht ist mein Modell nicht. Sonst wäre es in Ungarn nicht prämiert worden.
Text und Fotos: Oliver Stelmaszyk
Literatur:
Backes, Magnus: Burg Pfalzgrafenstein und der Rheinzoll, in: Führungsheft Nr. 11, Koblenz: Edition Burgen, Schlösser, Altertümer Rheinland-Pfalz 2003
Červená Lhota
Das romantische Wasserschloss im Renaissance Stil geht ursprünglich auf eine Festung zurück, die im 12. oder 13. Jahrhundert auf einem Felsen oberhalb eines Flusses gebaut wurde. In historischen Dokumenten wird 1382 erstmals eine Familie Podlavicka aus Lhota als Besitzer genannt. Von 1542 bis 1555 erfolgt der Umbau der gotischen Feste in ein komfortables Renaissance Schloss durch den italienischen Architekten Giovanni Spazio. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, von 1658 bis 1678, wird das Schloss unter der Leitung des Neuhauser Baumeisters Jakob Werner im Frühbarockstil hergerichtet. Ein Turm auf der Vorderseite mit einem barocken Portal wird errichtet und die Räume von zwei italienischen Künstlern mit Fresken und Stukk ausgeschmückt. In dieser Zeit wird der Fluss gestaut und es entsteht ein kleiner See, inmitten das Schloss. Die alte Zugbrücke wird durch eine Steinbrücke ersetzt. Der letzte Besitzer des Schlosses ist von 1835 bis 1945 die österreichische Familie Schönburg-Hartenstein. Unter ihrer Obhut wird das Schloss abermals umgebaut: Mitte des 19. Jahrhunderts in den damals populären romantischen neugotischen Stil und 1910 wieder der Rückbau in den Renaissance Stil durch den deutschen Architekten von Moltheim.
Der Kartonbausatz von Betaxa in 1/160 gehört zu einem recht anschaulichen Angebot an Burgen und Schlössern des tschechischen Herstellers. Das Modell hat mittleren Schwierigkeitsgrad (zumindest für die, die von Hause aus eher Plastikmodellbauer sind). Gerade die Dachkonstruktion mit den Giebeln und den Schornsteinen hat viel Schweiß gekostet. Deshalb sehen einige Schornsteine auch aus, als wären sie vom Wind verweht. Verfeinert wurde das Modell durch Hinzufügen diverser Pflanzen aus dem Eisenbahnzubehör, damit der Garten plastisch und weniger platt wirkt. Für den schon beschriebenen See wurde Karton blau gefärbt und mit Styroplast Modellwasser überzogen. Die Rampe am Ende der Brücke ist so in der Realität nicht vorhanden, weil das Ufer entsprechend hoch ist. Das war schlecht recherchiert von mir. Einfach die Rampe weglassen.
Text und Fotos: Oliver Stelmaszyk